Von Bilinguisme, Conférence des Eglises protestantes CER und sprachgebietsübergreifenden Themen

Organisationsrechtliche Vorbemerkung

Bis zur gesamtkirchlichen Reorganisation vom 1. April 2003 lagen die Jura-Geschäfte grundsätzlich im Verantwortungsbereich des "Département romand" des Synodalrates. Seit dem 1. April 2003 bestimmt die neue Geschäftsführungsverordnung des Synodalrates vom 4. September 2002 (KES 34.230) auch in dieser Hinsicht die Organisation des Synodalrates.

Mit der gesamtkirchlichen Reorganisation 2003 und der damit einhergegangenen Reduktion der Mitgliederzahl des Syn­odalrates von neun auf sieben Mitglieder wurde das Département romand aufgehoben. Für die An­gelegenheiten "Jura et CER" wurde neu eine synodalrätliche Delegation gebil­det und eingesetzt, nämlich die "Délégation Jura et CER". Artikel 7 Absatz 1 der Geschäftsführungs­verordnung des Synodalrates (KES 34.230) lautet: "Die ‚Délégation Jura et CER‘ ist Scharnierstelle in Geschäften der Bezirkssynode Jura, der Evangelisch-reformierten Kirche von Republik und Kanton Jura oder der CER, soweit gemeinsame Angelegenheiten tangiert sind. Sie ist für Grundsatzfragen der Zweisprachigkeit zuständig. Der Délégation gehört als externes Mitglied die Präsidentin oder der Prä­sident des CSJ an."

Die "Délégation" wurde vom jeweils amtierenden französischsprachigen Mitglied des Synodalrates präsidiert, nämlich ab dem 1. April 2003 bis zum 31. März 2007 Pfr. Raymond Bassin †, danach Pfr. Lucien Boder.

Gleichzeitig mit der Reorganisation im Jahre 2003 wurde auch der Grundsatz beschlossen und umge­setzt, dass die französischsprachigen Belange voll in die Bereichsorganisation integriert sind. Somit sind sämtliche gesamtkirchliche Bereiche auch für die entsprechenden Sachgebiete des französisch­sprachigen Kirchengebiets zuständig und verantwortlich.

Die nachfolgende zusammenfassende Berichterstattung stützt sich auf die einzelnen Tätigkeitsbe­richte der reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn der Jahre 2001-2010.

Aus den Tätigkeitsberichten

2001
Im Zentrum des Jahres 2001 stand die Gründung bzw. Neuorganisation der CER als Verein. CER heisst "Conférence des Eglises Protestantes Romandes". Die Statuten des Vereins datieren vom 9. November 2001 (KES 91.410) und mit ihrer Inkraftsetzung wurde der formale Endpunkt im langjährigen "Prozess von Charmey" gelegt. Dieser synodale Prozess war seit 1994 in Gang war und er bezweckte, die vorhandenen personellen und finanziellen Mittel in den verschiedenen Kirchen möglichst effzient zu verwenden. Die Verbandssynode stimmte dem Beitritt des Synodalverbandes Bern-Jura zur CER zu und die reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn sind seither Mitglied der Westschweizer Kirchenkonferenz, der sämtliche – unterschiedlich grossen – Landeskirchen der französischen Schweiz angehören, aber auch die Eglise évangélique libre de Genève und die Conférence des Eglises réformées de la langue française en Suisse alémanique (CERFSA). Die CER ist bestrebt, gemeinsame, ihr von den französischsprachigen Kirchen aufgetragene Aufgaben zu erfüllen und sie hat zu diesem Zweck verschiedene Departemente gebildet, wie "Département de la formation" (Aus- und Weiterbildung kirchlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter), "Département des médias" (kirchliche Medien wie TV, Radio, Presse, Internet) und "Département d’édition" (betr. Unterrichtsmaterial).

Im Tätigkeitsbericht heisst es: "…Das gemeinsame Debattieren über die wichtigen Probleme führt zwangsläufig zu einem verstärkten Zusammenhalt unserer Kirchen, ohne deswegen ihre Souveränität anzutasten…".

2002
Die Berichterstattung des Département romand im Tätigkeitsbericht 2002 widmet sich der praktischen Umsetzung des neuen CER-Konzepts, speziell dem neuen Ausbildungsangebot in der Westschweiz.  Die Ausbildung in der Westschweiz wurde professionalisiert und ausgeweitet. Die Bemühungen zielten daraufhin, viele Synergien zwischen den unterschiedlichen Lehr- und Ausbildungsgängen, insbesondere zum Pfarramt, zusammenspielen zu lassen. Die verschiedenen Akteure des kirchlichen Lebens (Laien und Pfarrer, unabhängig von ihrer Fachkenntnis) sollten dazu gebracht werden, schon im Ausbildungsstadium zusammenzuarbeiten.

2003
Erstmals befasste sich nun die Délégation Jura et CER mit den Anliegen des französischsprachigen Kirchengebiets im engeren und im weiteren Sinn. Aus dem Tätigkeitsbericht: "An den Sitzungen kam eine ganze Palette von Themen zur Behandlung. Einige seien hier stichwortartig ausgeführt: Psautier Romand, Pfarrmangel und Pfarrrekrutierung im französischsprachigen Gebiet … Ein weiteres schwergewichtiges Thema war die vom SEK aufgeworfene Frage, ob die Jurakirche dem Schweizerischen evangelischen Kirchenbund (SEK) selbständig angehören könne. Die Délégation Jura et CER kam zum Schluss, dass gemäss Verfassung des SEK eine eigenständige Mitgliedschaft ohne Kündigung des Synodalverband-Vertrages nicht möglich ist. Für den Synodalrat ist die Kündigung dieses Kirchenvertrages kein Thema."

2004
Aus dem Tätigkeitsbericht: "…Ein wichtiges Geschäft, das auch noch ins nächste Jahr hineinragen wird, ist die Thematik der Zweisprachigkeit. Da die Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn einen zweisprachigen Synodalverband darstellen, ist es unerlässlich, dass den Besonderheiten der französischsprachigen Minderheit genügend Rechnung getragen wird. Stets muss z.B. abgewogen werden: Welche Schreiben und sonstigen ‚Produkte‘ richten sich an welche Sprachgruppen? Bestehen Unterschiede in der Denkweise oder in den Strukturen?"

In diesem Jahr begann die Délégation Jura et CER mit dieser umfassenden Arbeit, die dann zwei Jahre später beendet wurde.

2005
Nebst der weiteren Befassung mit der Zweisprachigkeit fasste die Délégation Jura et CER Beschlüsse im Zusammenhang mit der neu geschaffenen, systematisch aufgebauten Kirchlichen Erlasssammlung (KES), die selbstverständlich auch in französischer Sprache realisiert wurde (Recueil des lois ecclésiastiques, RLE). Bestimmt und umgesetzt wurde, dass alle Rechtserlasse auch auf französisch vorliegen, so zum Beispiel die Ausführungsbestimmungen des Personalrechts, auch wenn sie nur eine relativ kleine Zielgruppe betrafen. So wurde unter anderem ermöglicht, dass sich auch französischsprachige gesamtkirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ihrer eigenen Sprache über ihre Rechte und Pflichten orientieren können.

2006
Die Délégation Jura et CER war in diesem Jahr verstärkt mit einer Statutenrevision CER beschäftigt (vgl. oben zu 2001) und sie nahm Stellung zu weiteren CER-Geschäften, wie insbesondere zur geplanten Einführung des "Psautier Alléluia" (= neues französischsprachiges Kirchengesangbuch).

Nach mehr als einjähriger Arbeit unter der Leitung des Synodalratspräsidenten konnte nun dem Synodalrat ein umfassender Bericht über den Bilinguisme eingereicht werden. Auf diese Weise wurde das Legislaturziel "Wir sind eine zweisprachige Kirche" realisiert und umgesetzt.

2007
2007 war für die Délégation Jura et CER ein bewegtes Jahr. Schwergewichtig nahm sie im Rahmen einer Vernehmlassung zum Entwurf der "Charte des Eglises romandes" Stellung. Hierbei handelt es sich um ein CER-Dokument, welches – als von den CER-Kirchen verabschiedetes Papier – den Zusammenhalt sämtlicher französischsprachiger Kirchen und die gemeinsame Stossrichtung ihrer Aktivitäten bekräftigt. Die Charta befasst sich mit den Themen "Relations Eglise et société", "Relations entre la spiritualité et la lecture des textes bibliques" und "Relations aux autres visions du monde et aux autres traditions religieuses chrétiennes et non chrétiennes". So drückt sie die gemeinsamen kirchlichen Überzeugungen und Zielsetzungen aus und sie trägt dazu bei, dass die Kirche in der Gesellschaft als Einheit wahrgenommen wird. Die "Charte" wurde 2008 verabschiedet (vgl. KES 91.412).

Ein weiteres schwergewichtiges Thema des Jahres stellte die Entwicklung rund um die Neugründung der Stiftung für die Pastoration der deutschsprachigen Protestanten im Berner Jura dar. Da sich die vier deutschspachigen Kirchgemeinden des Berner Juras vor der Auflösung befanden, wurde im Gegenzug die genannte Stiftung gegründet. Den deutschsprachigen Gemeindegliedern des Berner Juras war somit eine eigenständige Plattform des Gemeindelebens zuerkannt.

Zudem besprach dich die Délégation mit einer Vertretung von "Terre Nouvelle". Es ging dabei um das Verhältnis zwischen der französischsprachigen Missionsorganisation zur CER und zum Synodalverband Bern-Jura.

2008
Die Berichterstattung zu Jura-CER im Tätigkeitsbericht widmet sich unter dem Titel "Streben nach interkantonaler Stärkung" den Entwicklungen innerhalb der Westschweizer Kirchenkonferenz (Conférence des Eglises romandes, CER). Die verschiedenen Departemente und Organisationseinheiten innerhalb der CER haben nun ihre Arbeitsweise gefunden:  OPEC ("Office protestant d’édition chrétienne"), OPF ("Office protestant de la formation", entspricht der deutschschweizerischen Pfarrerweiterbildung), OPM ("Office protestant des médias"). Besonders erwähnenswert ist die Tatsache, dass das OPEC daran war, einen Austausch zwischen den Westschweizer Verantwortlichen zum Thema der Katechese vorzubereiten – mit dem mittelfristigen Ziel, die Programme und Inhalte des Katechismus der verschiedenen westschweizer Kirchen besser zu koordinieren.

Das OPM wurde aus steuertechnischen Gründen vollumfänglich in die CER integriert. Damit wuchs die CER zu einem Arbeitgeber von ansehnlicher Grösse heran.

2009
Nebst der Vorberatung der Geschäfte der CER-Abgeordnetenversammlungen – besonders ging es hier an einer ausserordentlichen Versammlung darum, einen neuen CER-Präsidenten zu wählen; durch die Abwahl eines Waadtländer Synodalratsmitglieds (und zugleich Präsidenten der CER) war die CER in eine tiefe Krise geraten und es war die Mitarbeit und das Mitdenken an einem Strategiepapier der CER deshalb besonders gefragt – war in diesem Jahr die Fusion der beiden kirchlichen Zeitschriften "La vie protestante" im kirchlichen Bezirk Jura und im Kanton Neuenburg schwergewichtig. Dies zog eine Änderung des Stiftungszweckes nach sich.

2010
Das Jahr 2010 war insgesamt über die regulären Sitzungen hinaus intensiv. Es fand zudem ein Treffen mit einer Delegation des "Conseil de Département missionnaire" statt. Dabei ging es um die Positionierung des französischsprachigen Missionswerks im Umfeld der Non-governmental organizations. Die reguläre Vorbereitung der CER-Sitzungen wurde flankiert von Überlegungen zur "Platforme Terre Nouvelle": einerseits zur Zusammenarbeit der Hilfswerke in der Zeitschrift "Terre Nouvelle" und andererseits zur Positionierung der einzelnen Werke.

Zudem besprach sich die Délégation Jura et CER mit dem Kirchenrat der Eglise évangélique de la République et Canton du Jura. Hier standen, im Zusammenhang der Thematik der Bezirksreform, Fragen der Abgrenzung und des Zusammenwirkens zwischen Synodalverband, Arrondissement jurassien, den französischsprachigen Kirchgemeinden und der Jurakirche im Zentrum.

Schliesslich heisst es im Tätigkeitsbericht: "Weiter ist der Arbeitgeberstatus der CER …unter Dach und Fach. Es handelte sich dabei um ein heikles Dossier, mussten doch sehr unterschiedliche Arbeitsbedingungen aufeinander abgestimmt und unter einen Hut gebracht werden. Wir können stolz sein, dass wir doch jetzt im Bereich Human Resources über ein sehr modernes Begleitsystem verfügen."

Regelmässig Begegnungen zwischen der Délégation Jura et CER und dem ju-rassischen Kirchenrat

Zum Schluss dürfen die periodisch stattfindenden Treffen zwischen der Delegation des Synodalrates und dem jurassischen Kirchenrat hier nicht unerwähnt bleiben. Solche Treffen haben in regelmässi­gen Abständen stattgefunden (in den Tätigkeitsberichten erwähnt: 2003, 2004, 2006, 2009, 2010). Diese Begegnungen dienten der gegenseitigen Information, dem Gedankenaus­tausch, der Bespre­chung und Klärung von gebietsübergreifenden Themen. Somit wurde aber auch immer wieder in freundschaftlicher Art das Gemeinsame des Synodalverbandes Bern-Jura in den Blick genommen und der Synodalverband wurde dadurch gestärkt.

Jakob Frey