Von der "Berner Perspektive" zu "Kairos Palästina"

Auf Einladung der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn und des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes versammelten sich vom 10. bis 14. September 2008 über siebzig Theolog/innen und Kirchenleiter aus aller Welt, viele von ihnen aus dem Nahen Osten, in Bern. Die theologische Konferenz Verheissenes Land fand unter dem Dach des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) statt. Die Fachtagung wurde zu einem Höhepunkt der 40-jährigen Geschichte nicht abreissender Auseinandersetzung mit dem Nahostkonflikt in unserer Kirche. Dieser Weg ist geprägt von engen Beziehungen auch zu christlichen palästinensischen Persönlichkeiten wie Sumaya Farhat-Naser oder Pfarrer Mitri Raheb, der die theologische Debatte stark mitprägt.

"Der Schlüssel dieser Konferenz liegt in der ‚Ent-Sakralisierung’ des Konflikts. Aus unserer religiösen Perspektive müssen wir ideologische Versuche, welche in spezifischen politischen Projekten Gottes Willen sehen, herausfordern", meinte Samuel Kobia, Generalsekretär des ÖRK, an der Eröffnungsfeier. Das Schlussdokument trägt den Namen Berner Perspektive ? eine Verpflichtung zur Weiterarbeit hier vor Ort. Manche Debatten verliefen kontrovers. Aber die "Berner Perspektive", vertraut darauf, dass "die Unterschiede gegenseitige Verwandlung nicht ausschliessen".

Palästinensische Christinnen und Christen haben zwei Jahre später, 2010, unter dem Titel "Die Stunde der Wahrheit" eine bahnbrechende Botschaft formuliert: In diesem Dokument Kairos Palästina heisst es: "Wir erklären, dass die israelische Besetzung palästinensischen Landes "Sünde" gegen Gott und die Menschen ist, weil sie die Palästinenser ihrer grundlegenden Menschenrechte beraubt, die ihnen von Gott verliehen worden sind. Sie entstellt das Ebenbild Gottes in dem Israeli, der zum Besatzer geworden ist, und sie entstellt das Ebenbild Gottes in dem Palästinenser, der unter der Besetzung leben muss." Die Alternative besteht im universellen Massstab der Menschenrechte. Denn "keine Religion darf ein ungerechtes politisches System begünstigen (…), sondern muss Gerechtigkeit, Wahrheit und Menschenwürde fördern".

Es geht die Legende um, dass das Kairos-Dokument, das weltweit heftig debattiert wird, in Bern seinen Anfang nahm, in nächtlichen Gesprächen an der Konferenz "Verheissenes Land".

Matthias Hui

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