Kirchliche Jugendarbeit ab 2001

Zu Beginn des neuen Jahrtausends wird die kirchliche Arbeit mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen von neuen Kommunikationsmöglichkeiten und deren Wirkung auf die Gesellschaft und den Zeitgeist herausgefordert.

Jugendliche nutzen die neuen Medien wie keine andere Generation. Anfangs sind Email, SMS und MSN, in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts Facebook und Twitter die mobilen Leitmedien. Vieles ist in Bewegung geraten, und was gestern noch ein Hype war, kennt heute schon fast niemand mehr. In dieser schnelllebigen Zeit wird es nicht nur für die kirchliche Jugendarbeit schwieriger, Termine mit Jugendlichen zu finden. Die Individualisierung junger Menschen wird stärker, und die vermeintlich unzähligen Möglichkeiten führen dazu, dass sich junge Menschen bis im letzten Augenblick alle Optionen offen halten und Verbindlichkeit schwierig wird.

Die neuen Medien bieten der kirchlichen Jugendarbeit aber auch Chancen: Sie kann sich medial darstellen, neue Ausdrucksmöglichkeiten finden und Informationen zu Anlässen und Themen jederzeit und überall auf dem Netz einsehbar machen. Die Beauftragten Jugend der Ref. Kirchen Bern-Jura-Solothurn haben in den letzen zehn Jahren stets versucht, Multiplikatorinnen und Multiplikatoren aus Kirchgemeinden mit neuen Trends vertraut zu machen und Projekte zu inszenieren oder mitzutragen. Hier einige Beispiele:

  • Das Projekt Internet-Olympiade, eine Initiative der Kirchgemeinde Lyss, wurde in der Zusammenarbeit mit den Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn viermal durchgeführt. Bei dieser internetgestützten spielerischen Auseinandersetzung mit Lebens- und Glaubensfragen konnten Jugendgruppen aus dem ganzen Kirchengebiet mitmachen.
  • SMAS.CH –  der andere Adventskalender, der mittels neuen Medien funktioniert, ist eine ökumenische Initiative der kirchlichen Jugendarbeitsstellen der Deutschschweiz. Dieser Adventskalender besteht seit 2002 und ist für tausende von Jugendlichen und jungen Erwachsenen eine Oase im Advent. Ziel von SMAS.CH ist es, jungen Menschen während der Adventszeit Gedankenanstösse zu geben und, wenn nötig, für sie da zu sein. Heute erhalten jeweils 8'500 Personen die täglichen SMS von SMAS.CH, und über tausend Personen haben 2011 mit einer speziell entwickelten Applikation selber einen Kalender mit Bildern und besinnlichen oder anregenden Texten gestaltet und an ihre Facebook-Freundinnen und Freunde gesandt.
  • In drei Jugend-Video-Projekten haben Jugendliche aus zahlreichen Kirchgemeinden ihre eigenen Geschichten entworfen und sie zusammen mit einem Coach fachgerecht inszeniert. 2003 fand eine Auseinandersetzung mit dem Thema Gewalt statt und die Sammel-DVD "Der Gewalt auf der Spur" wurde veröffentlicht. Beim Projekt "Neighbours" entstanden fünfundzwanzig Porträts über Einwohnerinnen und Einwohner oder Mitglieder der Kirchgemeinde mit ausländischen Wurzenl oder mit Migrationshintergrund.  2005 wurde "Ein Wort wie Feuer - Das Jugend Video-Projekt" lanciert.
  • "Neue Medien in der Jugendarbeit" hiess ein Bildungsanlass der kirchlichen Jugendarbeit. Neue Medien wurden vorgestellt und ausprobiert. Im Anschluss fand für Interessierte ein Facebook-Anwenderkurs statt. Die Beauftragten Jugend der Refbejuso sind selber auf Facebook und Twitter aktiv und animieren Jugendarbeitende, mit den Jugendlichen ihrer Kirchgmeinde auch per Social Medias im Kontakt zu sein. Siehe Link: www.facebook.com

Ebenfalls hat sich das Feld der Jugendarbeit stark verändert: Der Kanton Bern investierte in die Regionale Jugendarbeit und hat für die offene Jugendarbeit bessere Strukturen geschaffen. Die offene Jugendarbeit der Kirchgemeinde wechselte vielerorts zur politischen Gemeinden (zum Beispiel in Frutigen). Dies wiederum erfordert von der  Kirche, ihre eigene zukünftige Jugendarbeit zu überdenken. Geprägt von diesen Entwicklungen, lancierten die Ref. Kirchen Bern-Jura-Solothurn an Fachtagungen Themen wie:

  • Diekirchliche Jugendarbeit ist etwas Besonderes.
  • Die aktuelle Herausforderung der kirchlichen Jugendarbeit.
  • Wie ticken die Jugendlichen von heute? - Der Umgang mit Jugendmilieus
  • Kirchliche Jugendarbeit: Den Bogen spannen vom Kleinkind bis zum jungen Erwachsenen.

Mitglieder der Synode reichten erfolgreich eine Motion ein mit dem Titel: Kirche für Jugendliche. Diese forderte die Entwicklung von Angeboten, die interessierten jungen Menschen nach der Konfirmation ermöglichen, "tiefer in Glaubensfragen vorzudringen". Die Umsetzung zeigt zweierlei: Zum einen ist  kirchliche Jugendarbeit, wie es die Motionären beschreiben, tatsächlich ein "vergleichsweise steiniger zu beackernder Boden",  zum anderen  werden in vielen  Kirchgemeinden zielgerichtete und für Jugendliche spannende Angebote initiiert, ausprobiert und durchgeführt.  

An der Wintersynode 2005 lancierten die Reformierten Kirchen das projekt präsenz*, Angebote für junge Erwachsene an berufsbildenden und berufsvorbereitenden Institutionen. Unter dem Motto: Dem gelingenden Zusammenleben auf der Spur leistete die Projektgruppe in Zusammenarbeit mit Workshopleitenden Angebote zu Interkulturalität, Interreligiosität,  zum Umgang mit Gewalt und Konflikten, zur Stressbewältigung.

Mit seinem Standpunkt "Jungen Menschen als Kirche offen begegnen" bestärkte der Synodalrat die Kirchgemeinden in ihrem Engagement in der Arbeit mit jugendlichen und jungen Erwachsenen: "Ihre erneuernde Kraft und ihre Lebendigkeit brauchen wir  in der Gemeinschaft der Kirche - für die Zukunft und die Gegenwart.“ Der Synodalrat unterstützt das Engagement von jungen Freiwilligen und motiviert die Kirchgemeinden, Jugendliche und junge Erwachsene zu schulen und ihnen Verantwortung zu übergeben, sie partizipativ mitwirken zu lassen. Dazu bietet Refbejuso in Zusammenarbeit mit  dem Cevi Region Bern die Ausbildungskurse step* an sowie die Konfbegleiterausbildung in Zusammenarbeit mit dem Verein. Siehe Link: www.accos.ch.

Die 2011 publizierte Broschüre "Kirchliche Jugendarbeit - Empfehlungen für Kirchgemeinden" hält Leitsätze für die aktuelle kirchliche Jugendarbeit bereit, stellt Überlegungen an, wie Kirche Jugendlichen und jungen Erwachsenen  bei ihren Entwicklungs- und Lebensaufgaben dienlich sein kann, und zeigt Wege auf, wie Jugendarbeit konzeptuell nachhaltig in den Strukturen zu verankern ist, damit ihr Auftrag der Verkündigung, der Begleitung und des sozialen Engagements in der kirchlichen Jugendarbeit die gewünschten Wirkungen erzielt.

Christoph Kipfer und Manuel Münch