Teilen, streiten und voneinander lernen: der runde Tisch der Religionen Biel

Unsere westlichen Gesellschaften, kulturell und religiös einer wachsenden Durchmischung ausgesetzt, sind in starken Mass dazu aufgefordert, Strategien eines friedlichen Zusammenlebens zu entwickeln. Die Kirchen haben schon früh- im Vergleich zur Politik - ein Bewusstsein dafür entwickelt, wie dringend der interkonfessionelle Dialog zu werden beginnt, und  können nun schon auf viele in den letzten Jahrzehnten gemachte Erfahrungen in der Kontaktaufnahme mit lokalen Gemeinschaften und der Schaffung von Begegnungsanlässen zurückblicken. Aus diesem Grund entstanden die ersten interreligiösen Initiativen, zuerst vor allem in städtischen Zentren, an den Schnittpunkten verschiedener Traditionen und Glaubensrichtungen, im Aufeinandertreffen aller sozialen Schichten und kulturellen Milieus, dort wo ein entsprechendes Bedürfnis am stärksten artikuliert wurde und wird.

In Biel existiert seit 12 Jahren ein Runder Tisch der Religionen (vom Arbeitskreis für Zeitfragen initiert), der seitdem ohne Unterbruch als Diskussions-, Informationsaustausch und religiös-spiritueller Ort des zusammen Nachdenkens fungiert. Aus diesen verschiedenen Blickwinkeln sind zahlreiche Projekte entstanden, wie bspw. die Schulprojektwochen Religionen und Kulturen. Ein überzeugendes Instrument für Schulen, um die zum Schulalltag gehörende kulturelle und konfessionelle Vielfalt zu vertiefen und aufzuwerten. Ein anderes Beispiel sind die interreligiösen Rendez-vous; an einem öffentlichen Ort oder in einem Geschäft wird über ein von allgemeinem Interesse getragenen Tema debattiert. So gab es öffentliche interreligiöse Debatten über die Frage nach der religiösen Erziehung, dem Geschlechterverhältnis, Vorstellungen über den Tod und das Jenseits. Diese Debatten geben jeweils relativ klar ganz unterschiedliche Denkweisen und Glaubensvorstellungen wieder, teils auch unsere Differenz und Distanz zu einander, doch üben wir dabei vor allem, respektvoll miteinander zu streiten und voneinander etwas zu lernen! 2009 hatte der Runde Tisch ebenfalls die Herstellung der Broschüre für bi-religiöse Partnerschaften unterstützt sowie einige Jahre zuvor die Ausstellung Weltethos des Theologen Hans Küng nach Biel gebracht. Zudem haben wir auch immer wieder Tage der offenen Tür in verschiedensten Glaubenshäusern durchgeführt sowie Konzerte sakraler Musik aus aller Welt organisiert.

Einrichtungen wie der runde Tisch sind für diejenigen, welche sie benützen, äusserst bereichernd. Sie sind aber auch Experimentierfelder, in welchen heute und im Hinblick auf morgen am sozialen Zusammenhalt gearbeitet wird, durch Gespräche, Wissensvermittlung und Kooperation.

Liliane Lanève-Gujer, Biel

Runder Tisch der Religionen in Biel.